Eintrag vom:27.05.2015, um 21:45:26 Uhr (local)

Katsuura (Japan) - Yokohama (Japan)

Kollision mit Fischkutter - Unfallhergang

Image

PRID: 10937
LegID: 287
LegNo: 46
Breite: N035°18.35'
Länge: E140°31.08'
Reisetag: 514
Log (Tag): 1 nm
Log (Reise): 1 nm
Log (Total): 30177 nm
Es ist wenig Wind aus südwestlichen Richtungen mit nur 5-10 Knoten und wir segeln mit 1,5 - 2,5 kn durchs Wasser. Die Strömung schiebt uns mit weiteren 2 Knoten nach NNO.
Der Bullenstander hält das Großsegel auf Backbord und der Spinnakerbaum die Genua auf Steuerbord.
Die Schifffahrtsdichte ist in japanischen Gewässern extrem hoch. Ein paar Meilen rechts von uns verläuft die Schifffahrtslinie der Frachter, von der wir uns versuchen, fern zu halten und etwas mehr unter Land zu segeln. Aber auch die vielen Fischer gehen ihrer Arbeit nach und überall sieht man die Positionslichter anderer Schiffe.
Da wir so langsam sind, haben wir zusätzlich zu unserer 3-Farblaterne auf dem Mast noch das Stroboskoplicht eingeschaltet, damit wir auch wirklich gut zu sehen sind. Lutz steht wachsam am Ruder, doch es ist unheimlich schwierig, die Entfernung der vielen anderen Schiffe an Hand der Positionslichter abzuschätzen.

Während unserer Reise in japanischen Gewässern ist es schon oft vorgekommen, dass die Fischerboote sehr schnell und unheimlich nahe an uns vorbeifahren. Und so war auch diesmal Lutz der Meinung, dass dieses Fischerboot ebenfalls knapp an uns vorbei fahren wird.
Erst im letzten Moment erkennt er die Gefahr, startet den Motor und versucht auszuweichen. Doch bevor SuAn unter aufheulendem Motor beschleunigt hat und nach Backbord dreht, prallt das 13 Knoten schnelle Fischerboot wie ein Torpedo von vorn in unseren Bug auf Steuerbord. Dabei reißt es die ausgebaumte Genua mit, schert alle Wanten auf Steuerbord ab, die Relingsstützen brechen, die Schot der ausgebaumten Genua verfängt sich im Fischerboot und reißt den Außenbordmotor ab. Der Radarmast wird ebenfalls aus der Halterung gerissen und hängt schräg über das Heck. Lutz stoppt sofort die Maschine.
Das komplette Rigg ist nach Backbord über Bord gegangen und ist nur noch durch die Vorstags und Backbordwanten, sowie einigen Schoten mit SuAn verbunden. Die Backbordreling ist ebefalls völlig verbogen, die Relingsdrähte gebrochen, die unbenutzte Rollfock hängt geknickt über das Vorderdeck. Wie durch ein Wunder ist unser Cockpit und die darauf befestigten Solarzellen heile geblieben und somit auch Lutz am Ruder.
Wir stehen unter Schock. Der Fischer bleibt bei uns, umkreist uns, leuchtet und versucht, auf Japanisch mit uns zu kommunizieren. Über UKW 16 versuchen wir mit dem Handfunkgerät die Küstenwache zu verständigen und geben eine Securite Warnung an alle anderen Schiffe durch. Keinerlei Antwort. Gabi holt das Satelitentelefon aus dem Notfallkoffer. Erst nach mehreren Anläufen und vielen umständlichen Erklärungen verstand die Küstenwache, dass wir in einen Unfall verwickelt sind. Sie schicken ein Schiff, welches gegen Mitternacht am Unfallort ist.
Nach anfänglichen Versuchen, mit Hilfe der Winschen das Rigg zu bergen, sieht Lutz schließlich ein, dass das nicht zu schaffen ist. Der Mast schlägt bedrohlich gegen den Rumpf. Mit Bolzenschneider, Eisensäge und Messer trennt er alle Verbindungen zwischen Rigg und Schiff und schickt es zum Meeresgrund.

Bevor wir die Maschine wieder starten, kontrollieren wir, ob noch irgendwo eine Leine ins Wasser hängt und drehen erst mit der Hand die Welle. Als wir dabei keinen Widerstand spüren trauen wir uns die Maschine anzulassen und einzukuppeln. Anfangs hatte sich doch noch irgend eine Leine in der Schraube verhangen, doch glücklicherweise von selbst wieder gelöst. Wir folgen dem Kutter der Küstenwache 5 Stunden lang unter eigener Kraft zurück in den Hafen von Katsuura, wo wir an deren Schwimmdock festmachen.
Der Schock sitzt uns tief in den Knochen und wir sind todmüde, doch schon nach zwei Stunden werden die Befragungen der Küstenwache beginnen.